Die Wahrheit über das Panorama „Die Kreuzigung Christi“ in
Einsiedeln.
Dieser
Tage wurde das bekannte Panorama in Einsiedeln, als Kopie des im Jahre 1960
durch Brand zerstörten, neu eröffnet. Bei diesem Anlass mag eine Reminiszens
über die Entstehung dieser ursprünglich einmaligen Schöpfung des Kunstmalers
Professor Bruno Piglhein von Interesse sein.
Die
nachfolgende Übersetzung aus einer australischen Tageszeitung um die
Jahrhundertwende, sagt vielleicht am treffendsten, um was es damals ging und
zeigt gleichzeitig, wie weit in aller Welt das von Bruno Piglhein geschaffene
Panorama zu seiner Zeit schon war:
„Am 1. Februar 1885 schloss der Kunstverlag Halder & Co.
(München) einen Vertrag mit Professor Piglhein aus München über die Herstellung
eines Panoramas „Die Kreuzigung Christi“ um den Betrag von 145'000.—Mark unter
der Bedingung, nach Jerusalem zu reisen und dort die Örtlichkeit, die
orientalischen Gebräuche etc. Zu studieren, sowie die Verpflichtung einzugehen,
innerhalb der nächsten 10 Jahre für einen anderen Vertragspartner kein
ähnliches Werk zu schaffen und der Firma Halder & Co. Alle Druckplatten und
Auszüge auszuhändigen.
Prof. Piglhein verpflichtete die Maler Karl Frosch und
Joseph Krieger als Assistenten, in deren Begleitung er Palästina besuchte. Das
Resultat war das wunderbare Kunstwerk, das Südaustralier so sehr bewundern,
wenn sie in der Hindley-Strasse sind.
Am 1. Juni 1886 wurde das Panorama dem Münchner Publikum
erstmals öffentlich gezeigt und es erregte eine grosse Sensation. Im September
des gleichen Jahres ging Karl Frosch nach Milwaukee (USA) und in Verbindung mit
einigen amerikanischen Malern stellte er 6 oder 7 Kopien von diesem berühmten
neuen Kunstwerk her.“
Wie
es in der Zeitungsnotiz dann noch weiter heisst, wurde eine solche Copie auch
in London von einer „Buffalo Cyclorama Company“ in der Niagara Halle gezeigt.
Viele Jahre später stellten dann Nachkommen und Namensträger von Bruno Piglhein
fest, die Maler Frosch und Krieger, zusammen mit dem Amerikaner Leigh auch in
Einsiedeln, im Jahre 1893, eine dieser Kopien angefertigt hatten.
Das
von Bruno Piglhein geschaffene Original-Panorama fiel im Jahre 1892 in Wien, wo
es gleichfalls die Menschen mächtig ergriffen hatte, einem Brande zum Opfer.
Als Piglhein dies vernahm, hatte er wie ein Kind geweint, er, der damals schon
leidend war und ahnen mochte, dass er kein so bedeutungsvolles Werk mehr
schaffen werde. Zu dem Leid um die Zerstörung seiner grössten und liebsten
Schöpfung, kam für den Künstler der Verdruss, dass seine Gehilfen Frosch und
Krieger ihn durch die unbefugten Wiederholungen des Rundbildes kränkten und
schädigten. Im Jahre 1894 starb Bruno Piglhein in München.
Der
Verlust des Original-Panoramas in Wien wurde damals von den massgebenden
Kunstzeitschriften (Velhagen & Klasings Monatshefte, „Über Land und Meer“)
u.a. zutiefst bedauert und das unfaire Verhalten der beiden Assistenten Frosch
und Krieger schärfstens verurteilt. Diesen in den damaligen Kunstkreisen
wohlbekannten Tatsachen wurde von der Panoramagesellschaft in Einsiedeln
jahrzehntelang keine Beachtung geschenkt und auch neuerdings wird von ihr der
wahre Schöpfer dieses Panoramas verheimlicht (*). 1958 schlug in Einsiedeln der
Blitz ins Dachkreuz des Panoramagebäudes, 1960 brannte es vollständig aus!
Dank
der heute zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmittel konnte das neue
Panorama massstabsgetreu wieder hergestellt werden. Möge es auf dem Fundament
der Wahrheit stehen und gleich, wie das Original, viele Besucher zu andächtigen
Betrachten bewegen.
Frau
Renate Wecker-Piglhein,
Zürich,
15. 4. 62.
(*)
Anmerkung von Sohn Robert Wecker: Am 30.11.2000 bat ich per Post Herrn Fuchs in
Einsiedeln darum, seine im Internet befindliche website zu ändern. Es handelte
sich um die Namensänderung Pilgheimer in Piglhein. Dies ist im Februar 2001
korrigiert worden. Ich habe Herrn Fuchs noch gebeten, folgende Korrektur
vorzunehmen: „Das Panorama wurde 1885/86 im eigens dafür errichteten
Panoramagebäude an der Goethe-Str. 45 in München gemalt und dort auch feierlich
eröffnet am 01.06.1886. Es wurde einige Jahre später in Berlin und Wien
ausgestellt, wo es im Jahr 1892 einem Brand zum Opfer fiel.“ – Diese 2.
Korrektur ist im Dezember 2001 erfolgt. – RW.