Webers Illustrierte Katechismen

K. Raupp – Malerei – 1891

 

Aus dem Vorwort:

 

Für die Mitteilungen über „Pastell“ fühlen wir uns Herrn Professor Piglhein sehr verpflichtet. An der Vollendung eines großen Bildes gerade eifrig beschäftigt, war es dem Künstler leider nicht möglich, der Arbeit schriftstellerischer Art sich zu unterziehen, welche, wie er fürchtete, ihn mehr als wünschenswert gerade in dieser Zeit in Anspruch genommen hätte. Um jedoch die wertvolle Mitarbeiterschaft eines so bekannten Meisters auf diesem Gebiete nicht zu entbehren, entschloss ich mich, die mündlichen Winke und praktischen Demonstrationen über Pastell, die Herr Bruno Piglhein zu geben die Güte hatte, zusammenzufassen, selbst niederzuschreiben und dessen Einverständnis in unserem Büchlein zu benutzen.

 

Pastell.

 

Nach Mitteilungen Professor B. Piglheins verfasst von dem Herausgeber.

 

  1. Allgemeines.

 

Die Malerei mit farbigen Kreidestiften, nach dem italienischen pastello, Farbenstift, Pastell genannt, hat sich in neuester Zeit, nach Jahrzehntelanger, fast vollständiger Vergessenheit, rasch und mit großem Erfolg erneut einen Platz unter den verschiedenen Arten malerischer Technik erobert.

Das Pastell besitzt vor allem den wertvollen Vorzug der lichtvollen Erscheinung und gerade sein trockenes Material verleiht der Pastelltechnik einen ungemeinen weichen, samtartigen Reiz. Deshalb eignet sich dieselbe auch vorzugsweise in ihrem schmeichelnden hellen Farbenreichtum zu dankbarer Wiedergabe weiblicher graziöser Jugend, wie der naiven Kinderwelt. Anmut und Frische, welche das Auge besticht, ist so recht das Charakteristikum dieser Technik des Rokoko.

Zwar leitet das Pastell seinen Ursprung bereits aus dem 16. Jahrhundert her, schon Leonardo da Vinci soll sich des Pastells zu den Vorstudien bei seinen Apostel- und Christusköpfen bedient haben. Dann wird der Franzose Joseph Vivien 1657-1735, ein Schüler von Charles Lebrun, als einer der ersten Maler in Pastell genannt. Rasch errang die neue Technik fast vollständig die Alleinherrschaft, sie ward so recht eigentlich zum künstlerisch typischen Ausdruck einer Zeit heiterer Frivolität und graziös sinnlichen Lebensgenusses. Als einen der späteren französischen Meister nennt man Latour, unter den Italienern Rosalba Carriera, dann Russell und Raphael Mengs unter den Engländern und Deutschen. Wer das Pastell des 18. Jahrhunderts kennen lernen will, findet in der Sammlung der Dresdner Gemäldegalerie eine Vereinigung vorzüglicher Leistungen auf diesem Gebiet. Dann verschwand die zu solch hoher technischer Vollendung gelangte Pastellmalerei mit dem Ende des 18. Jahrhunderts, um wie gesagt erst in unseren Tagen ihren farbigen Zauber im Reiche der Malerei wieder zur vollen Geltung zu bringen.

Heute sind es nun hauptsächlich zwei Arten der Pastelltechnik, welche zur Anwendung gelangen. Von Franz von Lenbach wohl zuerst wieder eingeführt, bediente sich derselbe dieses Material nur, um mit sparsamer Benützung des Pastellstiftes eine koloristische Erscheinung anzudeuten. Es ist diese Lenbach’sche Verwendung eigentlich nur eine farbige Zeichnung und diese naturgemäß eine derbere, männlichere Auffassung zu, indem eben durch die leise Andeutung der Farbe Zeichnung und Form umso entschiedener zur Geltung kommen. Die weiter ausgebildete Pastellmalerei dagegen ermöglicht eine vollständige Bilderscheinung von eingehendster Durchführung und gibt durch ihr Material unwillkürlich gleich sehr Veranlassung zum Exzellieren in hellen zarten Gegensätzen wie zu einer eleganten Vortragsweise. Am besten eignet sich diese Technik für das Porträt oder ein porträtartiges Bild. Die Leichtigkeit, mit der man die Arbeit nach Gefallen verlassen und unterbrechen, wieder aufnehmen, nachhelfen und verbessern kann, dann das Fehlerhafte leicht auszulöschen und das Geschaffene in beliebiger Zeit zu vollenden vermag, ist im Gegensatz zur Malerei in Öl ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Insbesondere gerade durch diese Eigenschaften empfiehlt sich der Pastellstift zur Verwendung in jenen Kreisen der ausübenden Freunde der Malerei, deren der eigentliche Beruf oder gesellschaftliche Verpflichtungen die hierauf verwendbare Zeit nur kurz bemessen.

 

  1. Technik.

 

Wer den Pastellstift zur Hand nimmt und mit einigem Erfolg in dieser Malweise sich versuchen will, muss gleichfalls die Form mit ziemlicher Sicherheit zeichnerisch beherrschen können. Nur dann wird es möglich sein, den eigenartigen malerischen Reiz dieses Materials zum bewussten Ausdruck zu bringen. Ohne diese Sicherheit aber führt gerade die Pastelltechnik mehr als jede andere auf resultatlose Abwege, indem die Weichheit und Modulationsfähigkeit des Farbenteigstiftes alsdann das mit demselben geschaffene Bild leicht durch flaue Süßlichkeit ungenießbar werden lässt.

Der Pastellmaler, vor dem auf einer Staffelei die speziell dafür gerichtete, auf einen Keilrahmen gespannte Leinwand steht, hat neben sich eine Art Maltisch, der in unzähligen Abstufungen von Farbtönen die runden kreideartigen Malstifte enthält; ein kleiner dafür passender Blasebalg, sowie ein oder mehrere Borstenpinsel von verschiedener Breite dienen zum Verarbeiten und Vermischen der Töne, wie auch zum Abreiben der zu stark aufgetragenen Farbe. Das letztere wird zur Notwendigkeit, sobald die Masse der aufgetragenen Farbe den darüber gezogenen oder gezeichneten Ton zu sehr beeinträchtigt, sich zu stark mit demselben vermischt, d. h. nicht mehr rein erhält.

Mit dem genannten ist eigentlich der ganze Apparat, dessen das Pastell zur Ausführung bedarf, bezeichnet¸ man müsste dennoch den Finger, speziell den Daumen anführen wollen, dessen feinfühlige Anwendung beim Verwischen und Vermischen der Farbtöne nicht leicht zu entbehren ist. Freilich die erste Bedingung ist eine trockene Hand. Feuchte Finger lassen auf dem Pastell störende Flecken entstehen.

Unter den namhaften Künstlern, welche dem Pastellbild in heutiger Zeit seine Bedeutung erobert haben, steht der Münchener Maler Professor Bruno Piglhein in erster Reihe. Piglhein versteht es meisterhaft die farbige Eleganz dieser Maltechnik aufs höchste zu steigern, bei einer flotten, breiten Behandlung dennoch zugleich der Durchbildung seines Vorwurfes in weitest gehender malerischer Hinsicht nachzukommen. Seinen direkten Mitteilungen sind alle hier niedergelegten technischen Winke und Ratschläge entnommen, welche er in klarer Weise praktisch zu demonstrieren dabei die Güte hatte und denen folgend wir die technische Behandlung zu erläutern versuchen wollen.

Wir ein Pastellbild, nehmen wir ein Porträt an, begonnen, so empfiehlt sich, in das leicht angedeutete Kreuz der Gesichtslinien mit wenigen Strichen die charakteristischen Momente der Form, am besten vermittelst eines dunklen, bräunlichen Farbstiftes, zu zeichnen; alsdann, vor dem Weiterarbeiten, mit heller, grauweißlicher Farbe den stark vorherrschenden gelblichen Ton der Leinwand zu brechen.

Man überstreicht, lasiert gleichsam, die ganze Breite des Stiftes über die Fläche führend, die Leinwand. Der erwähnte warme gelbliche Ton derselben verführt häufig den Malenden, ohne diese Neutralisierung, zu gelbrötlichen Kolorit, zu dem unangenehmen Farbton, den man „branstig“ nennt. Ein Vorzeichen durch Reißkohle ist ebenfalls zulässig und die Schwärze der Kohle als Farbmittel gleichfalls zu verwerten. Doch haftet Kohle fester als der Pastellstift, so dass daraus resultierende Konsequenzen immerhin dem Malenden unbequemer sich erweisen dürften, als es bei einer Skizzierung vermittelst des weicheren Farbstiftes der Fall sein würde.

Es ist ratsam, von der höchsten Helligkeit bei der Weiterführung der Arbeit auszugehen und diese gleich in voller Stärke anzuwenden. Je nach dem Toncharakter, den ein Blick auf das Modell vorschreibt, folgt sodann die Anlage der Schattenpartien und Tiefen in den prägnantesten, hauptsächlichsten Massen; der Lokalton des Fleisches, in jedem speziellen Falle freilich verschieden, verbindet in der Vermischung mit der höchsten Helligkeit nach der eine Seite, wie mit den dunkleren Partien nach der anderen Seite, Licht und Schatten und gibt damit gleichsam die erste Unterlage zur weiteren Ausarbeitung des Pastellbildes. Das Anlegen eines solchen Bildes in Farbtönen ist durchaus nicht an eine gewisse Verhandlungsart, wie etwa durch Strichlagen, gebunden; die Natur (das Modell) muss auch hier wieder den Fingerzeig bieten. Es werden die verschiedenen Abstufungen der Farbe vom Licht bis zum Schatten in den charakteristischen Flächen, wie es das Vorbild bedingt, aufgetragen und durch leichtes Verwischen verbunden. Das letztere natürlich entweder durch den Finger oder, wenn auch weniger zu empfehlen, durch einen Wischer. Dieser grundlegenden Vorarbeit, welche das Bild nur in ganz allgemeiner Erscheinung gibt, folgt die Festigung der Zeichnung durch Striche, die weitere Ausbildung der Form durch Modellierung und durch feinere Abtönung der farbigen Anlage, welch letzteres das pastelltechnische Material ungemein erleichtert. Auch der Dilettant, wenn er mit einer gewissen künstlerischen Vorbildung den Pastellstift in die Hand nimmt, wird bald und ohne große Mühe nach einigen Versuchen sich die richtige Praxis in der Anlage erworben haben.

Der Erklärung durch eine überaus verständliche technische Demonstration, welche Herr Professor Piglhein an einem bereits begonnenen Pastellbild, einem jugendlich weiblichen Figürchen mit bloßem Hals, das dunkle Haar mit gelbem Strohhut bedeckt, gab, wollen wir, so gut es sich mit Worten tun lässt, nach Möglichkeit folgen. Der Blasebalg, wie der breite Borstenpinsel hatte bereits seine Dienste getan und die allzu volle Farbe entfernt. Den vielleicht zu dunkelgelben Ton des Strohhutes klärt schnell ein breites Übergehen mit einem helleren Stift auf, lasiert denselben, ohne Modellierung und Zeichnung des Hutes und die Details daran wesentlich zu schädigen. Der letztere ist im Augenblick in ein hellglänzendem Blasebalg erscheint die Farbe dagegen wieder eine Nuance dunkler, ein Abstäuben mit dem Borstenpinsel holt zuletzt fast unversehrt die volle Stärke des früheren dunkelgelblichen Tons auf der Bildfläche nochmals hervor. Mit dem dunkeln Stift, mit welchem der Künstler die Tiefen des Haares verstärkte, übergeht er zugleich, leicht modellierend, die Schattenpartien des Hutes, korrigiert und in der Farbe gelockert von bräunlichen Reflextönen.

Eine nur spielende Anwendung von Rot auf Wange, Mund und Kinn gibt der vorher allzu blassen Dame Gesundheit und blühenden Teint. Ein gelblicher Stift bringt Wärme in das kühle, rosige Kolorit, im Verein mit einigen verwandten, kräftigeren Farbtönen wird die blasse Dame nach dem Willen des Malers brünett, dunkel, zuletzt eine wahre Zigeunerin. Solch willkürliche Verwandlung des Farbcharakters lässt das Pastell in reizvoller Geschwindigkeit und bei sicherem Wollen, ohne Gefahr für die bereits erreichte Vollendung des Bildes zu. Der vordem entblößte Hals bedeckt sich rasch unter dem Pastellstift mit der duftigen Schleife einer weißen Barbe. Mit Benutzung des schon vorhandenen Tones gebraucht der Maler hierzu fast nur eine einzige helle Farbe, die in wohl verstandener Führung durch stellenweisen Druck und Nachlassen, je nach Bedürfnis, Licht und Mittelton schafft. Dem Gefühl des Malenden folgt die leichte Hand in der Führung des Stiftes, welcher bald in der ganzen Breite bei festem Aufdrücken den Farbton in leuchtender Stärke zeigt, dann wieder durch Wenden und schmiegsames Nachlassen denselben auflöst oder auflockert, mit den entstehenden, scharfen Kanten der farbigen Kreide aber dann auch zugleich bestimmte Pointen und scharfe Konturen zeichnet. Man darf sich, wie gesagt, keineswegs fürchten, eine Farbe in ihrer ganzen Schärfe anzuwenden, denn gerade das Pastell lässt jede Ausbildung der feineren Tonabstufung in seiner eigenartigen Technik leicht zu und ist der Maler dabei an ein ängstliches Suchen nach dem absolut richtigen Ton in der Farbskala des Pastellkastens nicht gebunden. Mit Verständnis aufgetragen, entspricht jede demselben verwandte Abstufung der Absicht, welcher sie dienen soll. Daher ist jede Korrektur eines Farbtons ohne irgendwelche Schwierigkeit möglich. Durch all dieses kann man die Technik des Pastellmalers gewiss als eine nach jeder Richtung hin „ungenierte“ bezeichnen. Denn es lässt dieselbe, ohne das Material irgendwie zu schädigen, das angefangene Bild, wie schon angedeutet, nach Gefallen korrigieren, einzelne Stellen ganz auslöschen, weiß in schwarz und schwarz wieder in weiß verwandeln, ohne, wie beim Malen in Öl, schädliche Folgen solcher Operationen, durch Nachdunkeln, Springen oder Reißen der Farbe, befürchten zu müssen.

Einmal mit dem kräftigen Borstenpinsel teilweise herabgestäubt, beeinträchtigt der vorgängige Ton seinen Nachfolger nicht im geringsten; der Maler hat die Benutzung einer dunklen Farbe nicht zu scheuen, will er irgend eine Stelle seines Bildes tiefer stimmen. Ist durch dieselbe aber Unklarheit entstanden, so lichtet ein Überziehen mit dem braunrötlichen oder warm grauen Stift, je nach Bedarf, sofort auf. Es ist die Wirkung der einen Farbe auf die andere schnell erkennbar und unveränderlich, so lange es dem Künstler ansteht, in der Erscheinung. Um die Wirkung eines Bildes, wir verstehen bei dem Pastell vornehmlich das Porträt darunter, durch farbige Gegensätze zu erhöhen, ist diese Maltechnik entschieden bevorzugt und drängt die Benutzung des Materials förmlich darauf hin. Die helle Farberscheinung eines Pastellbildes hebt sich, nehmen wir an, aus dem duftigen lichtgrauen oder blauen Ton des Grundes lebendig heraus, der warme Ton des Fleisches, das leuchtende Rot einer Schleife vielleicht neben der glänzenden Tiefe schwarzen Samts, die vollen Töne mit der ganzen Breite des Stiftes hingestrichen, vereinigen sich zu einer pikanten farbig glänzenden Bilderscheinung, wie es zugleich harmonisch mit dieser Leichtigkeit nur dem Pastell möglich ist.

Freilich, der Ernst, die Kraft und die Tiefe des Ölbildes bleibt dem Pastell versagt, dessen Wirkung in farbiger Eleganz gipfelt.

Eine absolute Realistik, stoffliche Plastik durch den Vortrag wie bei dem Ölbild, ein Herausheben durch die technische Behandlung, durch den Auftrag der Farbe, lässt sich beim Pastell nur schwer und unvollkommen erreichen. Die flotte Ausführung, die prägnante Betonung der Hauptsache im Bild sowie alsdann ein leichtes elegantes Ausklingen der bildlichen Darstellung nach außen in mehr skizzenloser Technik ist eigentlich dem Pastellcharakter am meisten angemessen. Daher die peinlich ausgeführten Pastelle häufig unbefriedigend. Daher die peinlich ausgeführten Pastelle unbefriedigend, weil langweilig auf den Beschauer wirken, während der skizzierte malerische Reiz derselben schnell und sicher das Interesse fesselt.

Das Lenbachsche Pastellbild dagegen sieht von solch stark farbigem Toncharakter ab. Es bezweckt mehr Zeichnung als Malerei mit dem Pastellstift. Der graue Ton des Pappdeckels eignet sich dafür besser als die Pastellleinwand; bei geringer Andeutung der höchsten Helligkeit, diskreter Betonung der farbigen Pointen an Lippen, Wangen und annähernder Farbangabe der Schatten ist es dabei im wesentlichen der graue Lokalton der Pappe, welcher das Ganze verbindet.

Bezeichnend für die Grenzen, in denen das Pastell sich mit Erfolg verwenden lässt, bleibt die Beschränkung desselben fast nur auf das Porträt und das porträtartige Bild.

Dann ist außer der höchst dankbaren Darstellung des Fleisches vor allem die Wiedergabe von Atlas, Seide, Samt usw. in der schmiegsamen Farbenteigtechnik vom überraschendem Erfolg begleitet.

 

  1. Material

 

Die unter der Bezeichnung Pastellfarben im Handel vorkommende Farbenteigstifte sind meist 7 cm lange, runde kreideartige Stifte von allen Farbabstufungen.

Im allgemeinen weich und zart beim Auftrag werden dennoch drei verschiedene Härtegrade geboten. Die weicheren Stifte lassen sich am besten zur Anlage des Bildes, wie zur Ausbildung des farbigen Toneindrucks desselben verwenden. Die härtesten Nummern dagegen dienen zu zeichnerischer Präzisierung der Form, sowie für pikante bestimmte Linien und Striche. Doch ist bei Benutzung des härteren Materials mit Vorsicht zu verfahren. Die weiche Pastellleinwand gibt dem stärkeren Druck des härteren Stiftes empfindlich nach und zeigt in der Folge Furchen, welche nur schwer zu beseitigen sind. Daher beschränkt sich auch die Anwendung dieses Härtegrades am besten lediglich auf die Zeichnung, sobald dieselbe beim Vollenden des Bildes präzis und zur Geltung kommen soll.

Dabei ist jedoch gleichfalls mit Vorsicht zu verfahren, da härtere Farbstifte nicht leicht genug Farbe abgeben, also eines intensiveren Druckes bedürfen. Sobald ein solcher Stift auf dem Untergrund eines weicheren Farbstoffes aufgetragen werden soll, schiebt das sprödere Material alsdann häufig den lockeren Farbenstaub das Untergrundes zur Seite.

Leider sind fast alle jene verführerisch leuchtenden, ungemein brillanten Farbtöne unserer modernen Pastellfarbenkasten, sobald Anilin zu deren Herstellung verwendet wird, allzu trügerisch und ihre Haltbarkeit von sehr kurzer Dauer.

Die brillantesten Farben halten deshalb auch der Lichtprobe, einem längeren dem Tageslicht Aussetzen, meist nicht stand und sind nach kurzer Zeit gänzlich verblasst.

Die Verwendung des Anilin sollte aus der Farbenfabrikation für malerische Zwecke absolut verbannt sein!

Allerdings erleiden auch solid hergestellte Farben eine, wenn auch nur leichte, fast unmerkliche Veränderung durch die Einwirkung des Lichtes, jedoch immer erst in längeren Zeiträumen und in so geringem Grade, dass gerade dem Pastellbild, trotz seiner leichten sonstigen Zerstörbarkeit, in seiner Leuchtkraft die größere Dauerhaftigkeit und Unveränderlichkeit, besonders der Öl- und Aquarellmalerei gegenüber, nachgerühmt werden kann.

 

  1. Von der Leinwand.

 

Die Pastellleinwand, speziell für diese Technik hergestellt, zeigt beim Befühlen mit dem Finger eine zarte, filzartig weiche Oberfläche und wird, vor dem Gebrauch, gleich der Leinwand für Ölmalerei, auf einen Keilrahmen gezogen und glatt gespannt. Je nach der Anwendung benutzt man verschiedene Arten derselben, so dass für lebensgroße Porträts z.B. die stärkere Leinwand, da solche eine größere Spannung auszuhalten vermag, sich besser eignet, dagegen die glatte, feinere Leinwand bei delikaten Arbeiten kleine Formen besser zum Ausdruck gelangen lässt und eine eingehendere Ausführung bedeutend erleichtert.

Bis jetzt darf man wohl das französische Fabrikat in erster Linie empfehlen, der seine Filz derselben hat sich durchweg bewährt. Dabei ist anzuraten, die leichtere Leinwand mit einem Leinen- oder Schirtingstoff zu unterspannen, um dieselbe vor störender Auswirkung infolge der Bearbeitung zu bewahren, indem von der Leinwand ein stärkerer Druck ungefährdet dadurch ausgehalten werden kann.

Die deutsche Leinwand ist spröde, nicht weich genug, reibt den Stift, ähnlich wie Sandpapier, viel zu sehr auf. Auch hält dieselbe den aufgetragenen Farbstoff zu fest und lässt deshalb Korrekturen und Änderungen weit weniger leicht als die französische Leinwand zu.

 

  1. Pappendeckel.

 

Als ein beliebter Malgrund für Pastell wird der Pappendeckel häufig benutzt. Jeder gute, feste Pappendeckel ist hierzu zu gebrauchen und dem Ton ausgesucht, auch ohne jede weitere Präparation zu verwenden. Ist jedoch der Pappendeckel vielleicht zu glatt satiniert, so nimmt er den Pastellstift nur schwer an. In diesem Fall feuchtet man den ersteren vermittelst eines Schwamms durch sehr verdünntes Leimwasser leicht an und ist alsdann der Pappendeckel, wieder trocken geworden, für die Zwecke des Pastellstiftes ohne weitere Schwierigkeiten vollständig brauchbar.

Auch ein Überzug von grauer oder weißer Steinkreide mit Leim (so genannter Vergoldergrund) ist anwendbar. Dieser Grund muss, damit der Pappendeckel sich verziehen kann, auf beiden Seiten aufgetragen, und der letztere alsdann frei zum Trocknen aufgehängt werden. Für den Maler sind hierdurch verschiedene Behandlungsarten möglich. Durch Aquarell, durch Tempera vermag man das Bild zu grundieren, d.h. zu untermalen und dann durch Pastell zu vollenden, so dass zuletzt alle diese Techniken zu einer harmonisch einander ergänzenden Wirkung sich verbinden. Zu erwähnen ist, dass die härteren Pastellstifte am besten auf dem Pappdeckel in Verwendung treten.

 

  1. Fixieren.

 

Eine wirklich brauchbare gute Fixage für Pastell zu finden und herzustellen, ist, so weit uns bekannt, bis jetzt nicht gelungen. Diese hat in erster Linie die Aufgabe, den Farbstoff zu binden. Leider kann dies aber nicht ohne Einbuße seines speziellen Charakters geschehen, der gerade in der samtartigen, losen und weichen Erscheinung besteht. Auch ist die Empfindlichkeit des Farbstoffes bei der Aufnahme der Fixage verschieden, manche Farben verändern ihren Ton und dadurch die Farberscheinung des Bildes. Zum Beispiel der Ocker, welcher nach dem Fixieren dunkler wird. Das Fixieren geschieht, wie bei Kohlenzeichnungen, vermittelst Anlasenes des Fixiermittels durch ein Glas- oder Metallröhrchen aus der richtigen Entfernung.

 

  1. Konservierung.

 

Wie bei dem Flügel des Schmetterlings liegt der schimmernde, samtartige Farbreiz des Pastells als zarter Staub auf der Bildfläche. Jede raue Berührung bringt dem Kunstwerk Gefahr, es sind deshalb alle Schöpfungen dieser Gattung am vergänglichsten. Dieselben müssen ferner vor jeder Einwirkung der Luft- und Feuchtigkeit wie auch insbesondere durch Verkleben des Rahmens vor Staub geschützt werden, da die Reinigung eines solchen Bildes, ohne dasselbe zu ruinieren, nicht möglich ist. Die Versendung eines Pastells bleibt immer riskant, auch bei sorgfältigster Verpackung. Dass Pastellbilder nur unter Glas und Rahmen aufbewahrt und erhalten werden können, ist nach dem bereits Gesagten selbstverständlich. Dabei ist zu bemerken, dass bei dem Einrahmen darauf gesehen werden muss, dass zwischen Bild und Glas ein gewisser Abstand gewahrt wird, damit ersteres nicht Schaden leide. Richtige und sorgfältige Aufbewahrung lohnt das Pastellbild durch eine fast vollständige Unveränderlichkeit; die Dresdner Sammlung lässt die ältesten Werke dieser Art in ursprünglicher Frische heute noch bewundern. Von keiner anderen Technik der Malerei kann man ähnliches behaupten.

 

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