Panorama München – Illusion und Wirklichkeit – München als Zentrum der Panoramaherstellung

von Franz Schiermeier


Panorama Goethestraße 45

Joseph Halder, Direktor der ersten Panorama-Gesellschaft in München an der Theresienstraße, war von seinem Posten entlassen worden, da er nach Meinung der Aktionäre das Panorama der Schlacht bei Weissenburg zu früh und ohne Beteiligung des Vorstands verkauft hatte. Halder gründete daraufhin zusammen mit Franz Joseph Hotop aus Dresden als Hauptfinanzier eine neue Panorama-Gesellschaft. Noch in seiner altehn Funktion hatte er im November 1884 der Gesellschaft als Thema für ein neues Panorama die Kreuzigung Christi vorgeschlagen und sich auch selbst als „Erfinder der Idee“ bezeichnet. Auf den Vorschlag des Malers Karl Hubert Frosch hin hatte er Kontakt zu Bruno Piglhein aufgenommen, der vor allem religiöse Themen bearbeitete und ein anerkannter Künstler war. Nach den gescheiterten Verhandlungen mit Piglhein übernahm Halder und Hotop selbst die Initiative und schlossen sofort einen Vertrag mit dem Maler über die Herstellung eines panoramas mit der Darstellung der Stadt Jerusalem und der Kreuzigung Christi.

Wenige Wochen später hatten sie ein freies Wiesenfeld an der Goethestraße 45 gefunden und für fünf Jahre gepachtet. Das Grundstück war im Besitz der Stadtgemeinde und lag neben dem städtischen Baulager und dem Magazin der Dultstände. Mitte März 1885 lag die Baugenehmigung der Stadt für ein provisorisches Panorama-Gebäude vor, Ende Mai konnte Baurat Voit das fertige Gebäude ohne größere Beanstandungen abnehmen. Seit der Gründung der Firma Halder Co. Waren gerade vier Monate vergangen.

Das Gebäude hatte die gleichen Abmessungen wie das unmittelbare Vorbild an der Theresienstraße, war jedoch wegen der kurzen Pachtzeit weit weniger repräsentativ gestaltet. Das Bauwerk mit knapp 40 Meter Durchmesser war eine reine Holzbaukonstruktion nach Plänen des Oberbaudirektors an der Obersten baubehörde Max Ritter von Siebert, Bauleiter war der Zimmerermeister David Niederhofer. Mit einem dekorierten Eingangspavillon versuchte man dem Ganzen einen repräsentativeren Anstrich zu geben.

Piglhein war inzwischen mit seiner Gattin, den Malern Karl Hubert Frosch, Joseph Krieger undn René Reinicke nach Palästina gereist und fertigte mit den dort gewonnenen Erkenntnissen und Skizzen einen Entwurf im Maßstab 1:10, am 1. Juni 1885 konnte er vertragsgemäß im Gebäude mit den Malerarbeiten beginnen. - Die Reise der fünf Personen wird auch geschildert im Zusammenhang mit einem parapsychologischen Ereignis, das im April 1885 in Jerusalem stattgefunden haben soll: Die Gruppe traf auf den schottischen Prof. Robert Laing, der Piglhein die baldige Vernichtung des Panoramas und seinen frühen Tod vorhergeagt haben soll sowie die Feindschaft zwischen ihm und Frosch. [Joie, Paul, Psychical and Supernormal Phenomena: Their Observation and Experimentation. New York, 1918] – Mit weiteren Künstlern und zahlreichen Gehilfen arbeitete er an dem Bild bis zum Mai 1886, die Eröffnung fand am 29. Mai 1886 statt, zuerst für das Königshaus, dann für die Presse, von der Münchner Kustszene und vor allem von den Besuchern begeistert aufgenommen, der überwältigende finanzielle Erfolg hatte eine nachhaltige Wirkung in der internationalen Kunstszene und führte zu einer Inflation von Kreuzigungspanoramen in mehreren Erdteilen.

Ab September 1889 war in der Goethestraße ein Schlachten-Panorama aus dem Deutsch-Französischen Krieg zu sehen, die Schlacht bei Wörth, von Faber du Faur für Hamburg gemalt und ab 23. Mai 1891 wieder eine Münchner Produktion, das Panorama „Auszug des Volkes Israel aus Ägypten“ von Edmund Berninger. Ende November 1891 wurde dieses Gebäude nicht mehr genutzt und Ende März 1892 abgebrochen, die Pachtdauer von fünf Jahren war kaum überschritten. Auf dem Gelände errichtete man 1897 drei Wohnungsbauten nach den Plänen des Architekten Heinrich Hilgert, von denen zwei (Goethestraße 47 und 49) heute noch erhalten sind.


Kreuzigung Christi – Bruno Piglhein

Karl Hubert Frosch (Architektur), Joseph Krieger (Landschaft), Adalbert Heine (Landschaft), Joseph Block, René Reinicke. 15 x 120 Meter, 1885/86 in München produziert.

Das Unternehmen geht zurück auf den ehemaligen Direktor der Panorama-Gesellschaft München an der Theresienstraße, Joseph Halder, der im November 1884 die Idee zum ersten Mal formulierte. Die am 1. Februar 1885 neu gegründete Gesellschaft Halder & Co. Beauftragte am 10. Februar den Maler Bruno Piglhein, vermittelt wurde die Zusammenarbeit durch Karl Hubert Frosch. Mit ihm, den Malern Joseph Krieger und René Reinicke und mit seiner eigenen gattin reiste Piglhein sofort nach Palästina, ausgestattet mit Empfehlungsschreiben des päpstlichen Nuntius und des Münchner Erzbischofs Steichele, acht Tage später landeten sie in Alexandrien, am 4. März kamen sie in Jerusalem an. Über zwei Monate fertigten die Künstler vor Ort topographische Skizzen und Milieustudien, auch fotographische Aufnahmen wurden erstellt. Krieger und frosch hatten beide bereits Erfahrungen in der Panorama-Malerei.

In München begann inzwischen der bau eines neuen panorama-Gebäudes an der Goethestraße, das Grundstück hatte die Stadt auf fünf Jahre verpachtet, am 12. Mai war das Gebäude fertig, zwei Tage später wurde die Leinwand durch den Brüsseler Produzenten Felix Mommen aufgehängt und gespannt.

Am 1. Juni 1885 konnte Piglhein mit den Malerarbeiten beginnen, inzwischen waren weitere Künstler engagiert worden: der landschaftsmaler Adalbert Heine und Piglheins Schüler Joseph Block.

Als Autor für die begleitende Publikation zum Panorama, vor allem aber als wissenschaftlichen Berater für religionsgeschichtliche Fragen engagierte man den Theologieprofessor Maximilian Vinzenz Sattler. Er bestimmte die Figuren der Hauptgruppe am Kreuz und deren Lebensalter, auf ihn gehen archäologische Angaben und topographische Details zurück, die im Begleitführer ausgiebig dargestellt wurden. Nichts sollte den Betrachter daran zweifeln lassen, dass hier die Wirklichkeit dargestellt war. Über drei Monate wurden die Umrisse nach dem Entwurf Piglheins auf die Leinwand übertragen, danach begann die eigentliche malerei, die bis Anfang Mai 1886 abgeschlossen wurde, nachdem man die ursprüngliche Ausführungsfrist um einen Monat verlängert hatte. Am 29. Mai 1886 konnte das neue panorama-Gebäude mit Piglheins Gemälde endlich eröffnet werden, zunächst nur für das königliche Haus, am folgenden Tag gab es vormittags eine feierliche offizielle Eröffnung, am Nachmittag war Zutritt für das Publikum. Prinzregent Luitpold hatte die Arbeiten bereits im Oktober des vergangenen Jahres besichtigt und von da an wöchentliche Besuche unternommenDas Panorama der Kreuzigung fand außerordentlich großen Beifall. In den Medien wurde die herausragende künstlerische leistung Piglheins gewürdigt, die stimmungsvolle Darstellung und die zurückhaltende Inszenierung aber auch die wissenschaftliche Grundlage und die umfassende Recherche. Besonders anerkennend wurde die emotionale Wirkung beschrieben, das „Auslösen religiöser Gefühle“, der „Schauer der Andacht“.

Das Panorama geriet zu einem ungeahnten Kassenerfolg und wurde bis März 1889 an der Goethestraße ausgestellt. Anschließend versandte man das Bild nach Berlin, wo es ab April im ehemaligen Panorama-Atelier an der bachstraße an der S-Bahnstation Tiergarten bis Ende des Jahres 1891 zu sehen war. Danach sollte das Bild nach London ausgestellt werden. Dazu kam es jedoch nicht mehr, da dort bereits seit Ende 1890 ein weiteres Kreuzigungspanorama einer amerikanischen Gesellschaft zu sehen war, bei dem auch Karl Hubert Frosch mitgewirkt hatte (siehe folgenden Untertitel „Der Prozess um die Kreuzigung“). Das Gemälde von Piglhein wurde schließlich nach Wien versandt und ab Mitte März 1892 im „Neuen Panorama“ am Prater ausgestellt.

In der nacht vom 26. auf den 27. April 1892 fing das seit 1882 bestehende Panorama-Gebäude Feuer, Teile des Bauwerks konnten zwar durch die Feuerwehr gerettet werden, das Gemälde Piglheins war vollkommen zerstört. Die Ursache des Brands konnte nicht festgestellt werden, eine Anzeige gegen den besitzer Ignaz Fleischer wegen mangelhaftem Brandschutz wurde wieder fallen gelassen. Die Brandursache konnte nie endgültig geklärt werden. Erstaunlicherweise waren jedoch sowohl das Gebäude als auch das Panorama-Gemälde bei der Versicherungsfirma Phoenix gut versichert, das Bauwerk weit über seinem Wert mit 100.000 Gulden und das Bild mit 90.000 Gulden, die letztlich auch zur Auszahlung an den Betreiber der Panorama-Rotunde bzw. an die Gesellschaft Halder & Co. Gelangten. Für den Künstler Piglhein war der Verlust ein herber Schlag, sein Vorschlag an Halder, eine neue Ausgabe des Gemäldes zu produzieren, fand jedoch keinen Widerhall.


Der Prozess um die Kreuzigung.

Piglhein hatte sich den Auftraggebern Halder & Co. Gegenüber verpflichtet, zehn Jahre lang kein weiteres Panorama mit der gleichen Thematik zu produzieren, die Entwurfsskizzen und Fotographien blieben bei der Panorama-Gesellschaft in Verwahrung. Der Maler wiederum hatte Mitarbeiter-Verträge abgeschlossen mit Joseph Krieger und Karl Hubert Frosch ohne irgendeine weitere Verpflichtung. Mit beiden war er nach Palästina gereist, jeder hatte für seinen Arbeitsbereich Studien betrieben und Skizzen angefertigt, Krieger zur Landschaft, Frosch zur Architektur der Stadt Jerusalem. Noch 1886, im Jahr der Fertigstellung des Münchner Panoramas wurde Froscgh von August Lohr bzw. William Wehner für dessen American Panorama Company in Milwaukee engagiert und kehrte erst 1890 wieder nach München zurück. In dieser Zeit arbeitete Karl Hubert Frosch mit seinen deutschen, österreichischen und schweizer Kollegen an mehreren Kreuzigungspanoramen, gesichert sind zwei, möglicherweise waren es auch mehr, die in den großen amerikanischen Städten ausgestellt wurden, u.a. in Philadelphia, Chicago, New York und Buffalo.

Eines der Bilder wurde von der Buffalo Panorama Company nach London transferiert und ab Dezember 1890 in der dortigen Niagara-Hall ausgestellt. Schon Monate vorher hatten jedoch die englischen Unternehmer Fishburn Brothers aus North-Shields einen Vertrag mit der Münchner Firma Halder & Co. Abgeschlossen, ab 1892 sollte Piglheins Kreuzigung für mehrere Jahre in London ausgestellt werden.

Als Fishburn Brothers, die inzwischen Grundstücke erworben und mit dem Bau der Panorama-Rotunde begonnen hatten, von der Ausstellung des Konkurrenzprodukts erfuhren, klagten sie gegen die amerikanische Panorama-Gesellschaft aus Buffalo wegen Verletzung des Urheberrechts, sie bezeichneten das Panoramabild aus Buffalo, bzw. Milwaukee, letztlich von Frosch und anderen gemalt, als illegale Kopie des Piglheinschen Bildes. Möglich wurde der prozess überhaupt erst, da 18856 die Berner Konvention zum Schutz des literarischen und künstlerischen Eigentums von zunächst acht Staaten angenommen worden war einschließlich Belgien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Nicht beigetreten waren jedoch die Vereinigten Staaten von Amerika, in denen das Bild produziert und bereits ausgestellt war.

Zur Urteilsfindung hatte man mit einigem Aufwand Skizzen von Piglhein nach London kommen lassen und mit Fotographien des Buffalo-Panoramas verglichen. Sogar der damalige Direktor der Münchner Akademie, Friedrich August von Kaulbach, wurde um ein Gutachten angefragt. Entschieden wurde der Prozess am 4. Februar 1891 im Sinne von Fishburn Brothers, das Bild der Buffalo Panorama Company musste abgehängt werden. Inzwischen hatte man aber den prozess soweit verzögert, dass bereits an die 100.000 Mark verdient waren, pro Tag sollen 1.500 bis 2.000 Besucher gezählt worden sein.

In München hatte man diesen Prozess genau verfolgt, ebenso einen weiteren zum gleichen problem, der 1892 in Adelaide/Australien geführte wurde. Hier handelte es sich um eine Nachbildung eines anderen amerikanischen Panorama-Atelieres, deren Ausstellung von den Chicagoer Unternehmern Reed & Gross organisiert worden war.

Sicher war das Panorama, das Frosch mit August lohr und Friedrich Wilhelm Heine in Milwaukee produziert hatte, keine direkte Kopie, Frosch hatte sich in der Münchner Presse darauf berufen, ohnehin nur die architektonischen Anteile im Gemälde ausgeführt zu haben, für die er als Subunternehmer von Piglhein auch Studien erstellt hatte. Außerdem war wohl der Standpunkt des Betrachters bei beiden Bildern unterschiedlich. Das Gericht, wie auch die Münchner Gesellschaft Halder & Co. Verkannte den wesentlichen Aspekt der Teamarbeit bei der Panorama-Malerei. Frosch trat durchaus selbstbewusst als Schöpfer der architektonischen Bildanteile auf, während Piglhein auf seinem alleinigen künstlerischen Anspruch bestand. Fishburn Brothers und Halder & Co. Ging es nur ums Geld.

Trotzdem blieben weitere Neu- und „Nachschöpfungen“ nicht aus, vor allem da Piglheins Gemälde 1892 bei einem Brand in Wien zerstört wurde. Allein Frosch und Krieger, dier ersten Mitarbeiter von Piglhein waren acht bis 10 Produktionen (12-13, Anm. Robert Wecker-Piglhein) mit ähnlicher Thematik beteiligt u.a. an einem Panorama für eine niederländische Firma in Amsterdam, an Panoramen für die Wallfahrtskirchen Einsiedeln und Kevelaer und zumindest Joseph Krieger am Kreuzigungspanorama für Altötting, das 1902/03 entstand, und als einiges von allen heute noch im Original betrachtet werden kann.

Vorarbeiten

Der Auftrag zum Kreuzigungspanorama an den Maler Piglhein erging mit der Verpflichtung zu einer mehrmonatigen Studienreise nach Palästina, die Piglhein mit Krieger und Frosch und einem Reisekostenvorschuss von 40.000 Mark auch sofort antrat. Nicht nur zeichnerische und fotographische Aufnahmen des Geländes und der Architektur der Stadt Jerusalem wurden erstellt, sondern auch Genrestudien der Einheimischen. Vor Ort kaufte man landestypische „Costüme“, um sie daheim den Münchner Modellen umzuhängen. Für die wissenschaftliche Konstruktion des alten Jerusalem suchte man angesehene Historiker. Ziel des erheblichen und kostenintensiven Aufwands war, jeden Zweifel des Besuchers an der Echtheit der Szenerie und des Geschehens auszuschalten. Natürlich wurde der wissenschaftliche Charakter und die Bemühungen zur Erstellung der Panoramabilder ausgiebig in den begleitenden Führern und Presseberichten gewürdigt.

Das geschah nicht aus einem wirklichen wissenschaftlichen Interesse, sondern aus rein kommerziellen Absichten. Nur wenn der Betrachter sicher sein konnte, dass das Geschehene einer vermeintlichen „Realität“ des Geschehens entspicht, war auch ein wirtschaftlicher Erfolg der Produktion zu erwarten. Die Zuschauermassen wollten nichts weniger sehen als die Wirklichkeit.

Entwurf und Modell

Mit den zahllosen Skizzen und topographischen Studien erstellten die Künstler einen zeichnerischen Entwurf im Maßstab 1:10, in dem alle Details festgelegt waren. Dabei war besonders die Position des späteren Betrachters von Bedeutung um eine größtmögliche Wirkung zu erzielen. Die maßstäblichen Entwurfsskizzen überzog man mit einem Quadratraster, das für die Übertragung auf die leinwand notwendig war. Alle Entwurfsskizzen, das maßstäbliche Modell, die farbigen Ölskizzen, Gerätschaften und Kostüme wurden in das Ateliergebäude verbracht, in dem die Leinwand bereits aufgehängt war.

Die größten Gemälde der Welt

Zur Befestigung der Leinwand und für die fahrbaren malergerüste wurden ringförmige Eisenschienen auf dem Boden verlegt, auf denen einer oder mehrere Gerüsttürme mit Arbeitsebenen auf verschiedenen Ebenen fahren konnten. Das Anbringen der leinwand geschah meist durch die Hersteller selbst wie auch das Abnehmen und der Weitertransport in andere Städte.

Da die Leinwand großen Belastungen standhalten musste, wurde sie in einer speziellen Webart, der so genannten Panama-Bindung hergestellt, mit doppelten Kett- und Schussfäden aus Hanf bzw. Jute. Einzelne sechs bis acht Meter breite Bahnen wurden zu einem Stück vernäht und auf eine Holzrolle gewickelt. Vom Fahrturm aus wurde die stehende Leinwandrolle abgerollt und der obere Rand auf einen hölzernen Pfettenring genagelt bzw. an einem Eisenring fixiert, der mit einem Abstand von ca. einem Meter zur Außenwand an der Tragkonstruktion des Gebäudes befestigt war. Nach dem Vernähen der offenen Enden vor Ort legte man an der unteren Leinwandkante einen Eisenring ein, der zusätzlich mit Steinen oder anderen Gewichten beschwert wurde.

Bei einem Durchmesser von 30 Meter (Piglheins Panorama hatte 38 Meter) konnte das Gewicht der gesamten Leinwand zwischen fünf und sechs Tonnen betragen, allein die Ölfarbe wog bei einem kleineren Panoramabild fast eine Tonne. Für die beabsichtigte Bildwirkung war eine vollkommen faltenfreie Aufhängung von entscheidender Bedeutung. Dazu wurde die gesamte Leinwand unmittelbar nach dem Aufhängen mit Leimwasser bestrichen, dadurch zog sich das Gewebe zusammen, es „krumpfte“. Am oberen und unteren Rand fixiert, wölbte sich die Leinwand im mittleren Bereich bis zu einem Meter nach innen, es entstand ein Hyperboloid. Die konvexe Form des Bildgrundes hatte große Auswirkungen auf die Konstruktion der Entwurfszeichnung, aber auch auf die Lichtverteilung im Gemälde, die unteren Bildbereiche waren stark vezerrt und erhielten weniger Licht von oben. Dies musste im Entwurf ausgeglichen werden. Erfahrene panorama-Maler sorgten daher dafür, dass der untere Befestigungsring kleiner war als der obere, um die ungünstigen Folgen auszugleichen.

Nachdem die gesamte Bildfläche zweifach mit weißer oder gedeckt farbener Ölfarbe grundiert war, konnte man mit dem Auftragen der Umrisszeichnung beginnen. Die gesamte Leinwand wurde in ein Quadratraster unterteilt, entsprechend dem Raster der Vorzeichnung, danach konnte konnte Feld für Feld übertragen werden – in der Regel mit einem Projektor, der die Hunderte von Einzelfotographien der Entwurfszeichnung auf die leinwand vergrößerte. Für das Ausmalen der großen Leinwandflächen, bei den kleineren Panoramen waren das knappn 1.000 Quadratmeter, bei den großen Bildern annähernd 1.800 bis über 2.000 Quadratmeter, engagierte man bis zu 20 Helfer, viele davon Studenten der Münchner Kunstakademie.

Organisation und Teamarbeit

Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Panorama-Produktion war eine effiziente Arbeitsteilung. Es gab Spezialisten für die Darstellung der Landschaft und der Architektur. Oft malten die künstlerischen Leiter der Produktion auch einen Großteil der Figuren selbst, zumindest mussten sie den gestalterischen Überblick über das riesige Gemälde wahren und die farbliche Abstimmung über die riesigen Flächen kontrollieren. Teamarbeit für Künstler war damals eher ungewöhnlich, darin bestand eine große Herausforderungen der Panorama-Malerei. Das Ziel war eine stimmige Gesamtkonzeption, die nicht die künstlerische Leistung des einzelnen betont, sondern die in allen Facetten glaubwürdige Geamtschau.

Bei den Malerarbeiten begann man mit der Darstellung des Himmels, möglichst nass in nass, um störende Flächenränder zu vermeiden. Darauf wurden die Architekturen und die Landschaft gemalt, und zuletzt oft hunderte von Figuren, bei einigen Gemälden über Tausend. Das Arbeiten auf den bis zu 15 Meter hohen Gerüsten musste exakt geplant werden, war äußerst anstrngend und war auch nicht ungefährlich.

Die reinen Malerarbeiten dauerten unterschiedlich lange, Bruno Piglhein hat für sein Panorama der Kreuzigung fast ein Jahr mit den Mitarbeitern gemalt. Abhängig waren die Bearbeitungszeiten nicht nur von der Zahl der Mitarbeiter, sondern auch von der effizienten Arbeitsstruktur und der optimalen Vorbereitung durch die Skizzen.

Faux Terrain – Der plastische Vordergrund

Die Wirkung der Panorama-Inszenierung war stark von der Behandlung des Umfelds abhängig. Die Gemälde sollten ja nicht wie herkömmliche Bildwerke betrachtet werden, der Besucher sollte sich abgeschnitten von der Außenwelt und mitten im Geschehen befinden und sowohl horizontal wie vertikal keinen Bildrand wahrnehmen können. Dazu wurde die obere Kante der Leinwand verdeckt durch das so genannte Velum, eine Stoffabhängung über der Besucherebene, die auch lichttechnisch von Bedeutung war. Den unteren Rand und die Grundfläche zwischen Leinwand und Besucherplttform gestaltete man mit realen Aufbauten und Materialien als Fortsetzung des Bildes. Überspielt werden musste dabei auch der Zugangstunnel von Außen zum Treppenaufgang in Gebäudemitte, da die meisten Panoram-Gebäude ebenerdig erschlossen waren.


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